Wenn Kunden investieren, verfolgen sie mindestens ein spezifisches Ziel, auch wenn es nur darum geht, ihr Vermögen zu erhöhen oder Verluste zu minimieren. Dies erfordert eine moderne Risikomethodologie, welche realistische Vermögensprognosen sicherstellt.

Aktuelle Beratungsprozesse stützen sich grösstenteils auf veraltete und einperiodische Risikomodelle: So wird z.B. die Portfoliotheorie von Markowitz, die aus der Mitte des letzten Jahrhunderts stammt, noch immer häufig in der Vermögensverwaltung und -beratung eingesetzt. Die Prämisse dieser Methode, dass Renditen normalverteilt sind und dass sich die erwarteten Renditen im Laufe der Zeit nicht ändern, ist unterdessen empirisch widerlegt. Dennoch verwenden viele Vermögensverwalter weiterhin konventionelle, einperiodische Risikomethoden.

Ein Beweis dafür, dass Renditen nicht normalverteilt sind, ist, dass Kapitalmärkte in der Vergangenheit höhere Verluste als Gewinne verzeichneten. Negative Renditen wurden sowohl in grösserem Umfang als auch mit einer höheren Wahrscheinlichkeit im Vergleich zu normalverteilten Renditen beobachtet (sogenannte «Fat Tails»).

Diese Unstimmigkeit führt vor allem unter dem Aspekt von MiFID II zu einem erheblichen Risiko für den Vermögensverwalter: Alle Anlageportfolios, die auf herkömmlichen Risikomodellen basieren, bergen folglich ein höheres Verlustrisiko als erwartet.

Weiter berücksichtigen konventionelle Risikomodelle weder kundenspezifische finanziellen Ziele noch Ersparnisse oder Verpflichtungen, die jedoch alle für die Finanz- und Vermögensplanung essentiell sind. Mit solchen Modellen kann somit keine realistische Vermögensentwicklung prognostiziert werden. Darüber hinaus können wichtige Vermögensparameter wie Inflation, welche die Vermögensentwicklung massiv beeinflussen, auch nicht in die Vermögensprognose integriert werden. Dies erhöht das oben beschriebene Haftungsrisiko des Vermögensverwalters weiter.

Um dieses Problem zu lösen, benötigen Vermögensverwalter eine moderne Risikomethodologie, die realistisch ist und zur individuellen Situation des Kunden passt. Ein Risikomodell basierend auf multiperiodischer stochastischer Optimierung löst diese Herausforderung: Dieses berücksichtigt unterschiedliche Marktszenarien, simuliert die Vermögensentwicklung akkurat, basiert auf den finanziellen Zielen des Kunden und mindert so das Haftungsrisiko für den Vermögensverwalter.

Mit einer multiperiodischen Risikomethodologie kann eine zielorientierte Beratungslösung zudem erheblich verbessert werden: Sie ist interaktiv, ganzheitlich, individuell und schliesst die spezifische Marktsicht des Vermögensverwalters ein. Die folgenden Funktionen werden durch die multiperiodische Risikomethodologie ermöglicht:

1. Zielbasiert und interaktiv

Die meisten Personen haben mehrere finanzielle Ziele, z.B. das Schliessen der Rentenlücke oder die Ausbildung der Kinder. Diese finanziellen Ziele entsprechen Zahlungsströmen, die im Laufe der Zeit auftreten.

Eine professionelle und zielbasierte Beratungslösung ermöglicht die Simulation mehrerer Ziele / Cashflows gleichzeitig sowohl nominal als auch real (inflationsbereinigt). Die Vermögensprognose ändert sich bei jeder Eingabe sofort. Dies ist nur mit einem mehrperiodischen Risikomodell möglich.

2. Ganzheitlich

Für die Zielerreichung der Kunden müssen alle vorhandenen Vermögenswerte berücksichtigt werden und nicht nur bankfähige Anlagen. Dies sind somit auch Vermögenswerte, die bei Drittparteien aufbewahrt werden, sowie nicht-bankfähigen Vermögenswerte wie Private Equity oder Immobilien. Verbindlichkeiten wie Kredite verringern im Gegensatz dazu die Wahrscheinlichkeit, dass Kunden ihre finanziellen Ziele erreichen, und müssen ebenfalls berücksichtigt werden.

3. Individuell

Kunden haben unterschiedliche Ziele und Vermögenswerte, erhalten jedoch von ihren Vermögensverwaltern stets standardisierte Anlagestrategien. Sollte ein Kunde in Zeiten der sog. «Mass Customisation», in der es möglich ist, einen Schuh online individuell zu gestalten, nicht auch eine massgeschneiderte strategische Anlagestrategie erhalten? Zu berücksichtigen gilt, dass der grösste Teil der Portfoliorendite langfristig daraus resultiert.[1]

Die Suche nach der besten individuellen strategischen Anlagestrategie für einen Kunden erfordert viel Rechenleistung und wurde erst kürzlich durch die in der Cloud verfügbare Rechenleistung ermöglicht.

4. Marktsicht des Vermögensverwalters

Die meisten Vermögensverwalter stehen vor der Herausforderung, dass ihre Marktsicht nicht in ihre Anlagelösungen integriert werden kann. Ein Beispiel: Wenn ein Vermögensverwalter der Ansicht ist, dass sich Negativzinsen über die nächsten Jahre kontinuierlich verringern und schliesslich Positivzinsen resultieren, so muss eine mehrperiodische Risikomethodologie verwendet werden. Einperiodische Risikomodelle ermöglichen keine solche Abbildung.

Eine ausgereifte Risikomethodologie ermöglicht die rasche Darstellung realistischer Vermögens-prognosen und realistischer Zielerreichungs-Wahrscheinlichkeiten. Somit kann eine solche Lösung erstmals im Zusammenspiel mit dem Kunden verwendet werden.

Der Einsatz der Beratungslösung in Kundengesprächen wirkt sich direkt auf die Werttreiber der Vermögensverwalter aus: Sie können ihre Kunden mit dieser Funktionalität anregen, die gesamte Vermögenssituation offenzulegen, da sich die Zielerreichung mit der Offenlegung zusätzlicher Vermögenswerte sofort verbessert. Dazu gehören insbesondere auch Vermögenswerte, die bei Dritten gehalten werden, oder nicht-bankfähige Vermögenswerte wie Immobilien. Dies erlaubt es Vermögensverwaltern, Neugeld generieren und sich als vertrauenswürdiger, ganzheitlicher Berater bei den Kunden zu positionieren, was wiederum Ertragssteigerungen ermöglicht.

[1] Roger G. Ibbotson and Paul D. Kaplan (2000), Does Asset Allocation Policy Explain 40, 90, or 100 Percent of Performance? Financial Analyst Journal (online), Volume 56